15.03.2017

Auf Initiative der Donauwörther Forstverwaltung ist im Stadtwald Donauwörth die Errichtung eines Bestattungswaldes geplant.

Unter einem Bestattungswald versteht man eine rechtlich festgelegte Waldfläche außerhalb traditioneller Friedhöfe, in der eine Beisetzung von Totenasche möglich ist. Die Grabstelle ist örtlich fixiert. Jeder Baum im Wald ist mit einer Nummer gekennzeichnet und erfasst. Diese Markierung ermöglicht es Familienangehörigen und Freunden, die Grabstelle jederzeit aufzufinden. Es besteht außerdem grundsätzlich auch die Möglichkeit, Bäume mit einem Schild zu versehen, auf dem Name, ein Kreuz und die Daten des Verstorbenen eingraviert sind. Eine individuelle Pflege ist dagegen in Bestattungswäldern unzulässig. Damit unterscheidet sich ein Bestattungswald elementar von einem Waldfriedhof. Als solcher wird ein traditioneller Friedhof bezeichnet, bei dem auf der Gesamtfläche ein relativ dichter, gepflegten Baumbestand besteht.

 

Für die Errichtung eines Bestattungswaldes ist ein entsprechender Bebauungsplan notwendig. Das überplante Gebiet auf dem Schellenberg soll im Wesentlichen auf folgenden Donauwörther Flurstücken umgesetzt werden:
 im Norden Fl.-Nr.- 2579 (TF Wald) und Fl.-Nr. 2583 (TF Wald)
 im Osten Fl.-Nr. 2576 (Perchtoldsdorfer Straße) und Fl.-Nr. 2583 (TF Wald)
 im Süden Fl.-Nr.- 2579 (TF Wald)
 im Westen Fl.-Nr.- 2579 (TF Wald)

Übersichtsplan mit Lage Bestattungswald

In der Sitzungsvorlage zum Aufstellungs- und Auslegungsbeschluss heißt es dazu weiter: “Die Gesamtfläche des Geltungsbereichs des Bebauungsplans beträgt ca. 4,93 ha. In dem Ruheforst sollen Beisetzungen der Aschen von Verstorbenen in biologisch abbaubaren Urnen an ausgewählten Ruheräumen stattfinden. Grundgedanke ist die Idee eines christlichen Waldfriedhofes, der den respektvollen und würdigen Umgang mit Interessenten, Hinterbliebenen und Verstorbenen, sowie mit den Themen Trauer, Gedenken und Hoffnung garantiert. Ferner bietet dies den Menschen eine zusätzliche Alternative zu herkömmlichen Bestattungen.
An ausgewählten Ruhebäumen stehen hier bis zu zwölf Urnenplätzen zu Verfügung. Diese orientieren sich kreisförmig in einem Abstand vom etwa zwei Metern um den Baum. Es ist vorgesehen ca. 50 – 70 geeignete, langlebige Ruhebäume je Hektar auszuwählen.
Diese werden in ihrer Erscheinung nicht verändert und lediglich mit einer kleinen nummerierten Marke versehen, damit Angehörige, Trauergäste und Besucher den jeweiligen Ruheplatz auf-suchen können. Auf Wunsch kann eine kleine Namensplakette des Verstorbenen am Baum befestigt werden. Grundsätzlich bleibt das Gelände des Ruheforsts ein naturbelassener Wald. Es findet dort keine forstliche Bewirtschaftung mehr statt. Lediglich eine Pflege des Baumbestandes soll die Begehbarkeit und Erreichbarkeit der Ruhestätten sichern.
Sollte ein Ruhebaum während der Laufzeit ausfallen, so wird ein neuer Baum gepflanzt. Die Kennzeichnung und Namenschilder werden vorübergehend an einem Eichenpflock oder Findling befestigt. Fällt ein erworbener/reservierter Baum aus, an dem jedoch noch keine Urne beigesetzt wurde, können die Betroffenen einen neuen Baum von ähnlicher Qualität aussuchen.
Um Angehörige, Trauergäste und Waldbesucher zu lenken und Ihnen das Aufsuchen der Ruhestätten zu ermöglichen, ist angedacht, einen ca. 250 Meter langen zentralen Fußweg (schottergebunden) anzulegen. Die Abgrenzung des Ruheforstes erfolgt durch die Anlage eines deutlichen ca. drei Meter breiten Mulchstreifens. Dieser soll mit einer Wildblumensaatmischung eingesät werden. Um den Besuchern aufzuzeigen, dass sich dieses Waldstück in seiner Nutzung von anderen Waldbereichen unterscheidet. Zusätzlich soll am Eingang des Ruheforsts eine Informationstafel sowie auf den Mulchstreifen Hinweisschilder aufgestellt werden.
Etwa in der Mitte des Plangebiets soll ein unbefestigter Andachtsplatz für Trauerfeiern angelegt werden. Dieser wird mit fünf bis sieben Holzbänken, einem christlichen Symbol (Kreuz oder Heiligenstatue) versehen werden.
Im Schnitt werden zwischen fünf und 30 Trauergäste zu einer Beisetzung erwartet. Besucherzeiten des Ruheforsts sollen in der Friedhofssatzung festgelegt werden.
Für Trauergäste und Waldbesucher steht im nordöstlichen Bereich des Plangebiets die direkt angrenzende Perchtoldsdorfer Straße zum Parken zur Verfügung…”

In der ersten Sitzungsvorlage wurde noch die Bezeichnung “Ruheforst” verwendet. Nachdem jedoch der Begriff “RuheForst® “ (ebenso wie “FriedWald”) eine geschützte Bezeichnung ist, wurde schließlich die Bezeichnung “Bestattungswald” gewählt.

 

Bestattungswald und christlicher Glaube

Die katholische Kirche lehnte lange Feuerbestattung und Bestattungswälder ab. So war für Katholiken die Einäscherung seit dem Edikt von Paderborn 785 durch Karl den Großen verboten. Im Alten Testament wird Feuerbestattung als schwere Schande bezeichnet, auch wurde darin lange eine Leugnung der leiblichen Auferstehung gesehen. Erst seit Juli 1963 erlaubt der Vatikan auch katholischen Christen die Einäscherung (die evangelische Kirche seit den 1920er Jahren).

Bestattungswälder (nicht zu verwechseln mit Waldfriedhöfen – siehe oben) wurden bis vor nicht allzu langer Zeit von der katholischen Kirche abgelehnt. Die Stellungnahme des Bistums Augsburg zur 1. Auslegung im Bebauungsplanverfahren Bestattungswald  war auch sehr skeptisch. Eine katholisch christliche Bestattung in einem Bestattungswald ist demnach nicht gerne gesehen, ist aber unter bestimmten Voraussetzungen durchaus möglich. U.a. ein Erlass des Vatikans vom Oktober 2016 regelt, was für Katholiken nach einer Feuerbestattung erlaubt ist und was nicht. So ist auch für diese eine Bestattung in einem Bestattungswald bei Namensnennung des Verstorbenen und eindeutiger Kennzeichnung des Ortes möglich (siehe auch: katholisch.de).

Die evangelische Kirche hat sich im laufenden Bebauungsplanverfahren nicht schriftlich geäußert, hat sich in der Vergangenheit aber natürlich durchaus mit dieser Thematik befaßt. In einem veröffentlichten Diskussionspapier von 2004 heißt es u.a. dazu:
“… Obwohl die Urteilsbildung in dieser Frage innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland noch nicht abgeschlossen ist, gilt es festzuhalten: Ob und inwieweit die Friedwald-Konzeption mit den christlichen Grundüberzeugungen zur Würde des Toten(-Gedenkens) vereinbart werden kann, hängt in hohem Maße davon ab, wie die Konzeption im konkreten Fall aussieht. Aus christlicher Sicht sind etwa folgende Elemente für eine Akzeptanz unverzichtbar:
I. Das ausgewiesene Waldstück muss öffentlich zugänglich sein und in deutlicher Weise als ein besonderes, eben „friedhöfliches Flurstück“ gekennzeichnet sein.
II. Es muss die Möglichkeit zugelassen werden, auf Wunsch des Verstorbenen bzw. der Angehörigen den Namen des Verstorbenen am Baum anzubringen. III. Es muss die Möglichkeit gewährleistet sein, auf Wunsch den entsprechenden (Familien-)Baum mit einem Kreuz oder einem Bibelvers oder einer anderen christlichen Glaubenssymbolik zu kennzeichnen (z. B. Fisch, Kelch usw.). …”

 

Bestattungswald und Naturschutz

Aus Sicht von örtlichem ehrenamtlichen und auch des amtlichen Naturschutzes scheinen das gewählte Waldstück sowie die vorgestellte räumliche Planung für die angestrebte Nutzungsänderung grundsätzlich geeignet.

Nicht abschließend geklärt ist derzeit, ob und inwieweit  evtl. Rückstände (insbesondere Schwermetalle) aus den Totenaschen zu relevanten Beeinträchtigungen führen (können), da hierzu nur unzureichend wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen.

Hinsichtlich des Bodenschutzes sollte nach einer vorliegenden schriftlichen Auskunft des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) vom 10.03.2017 rechnerisch abgeschätzt werden, wie viele Urnen ein Standort verträgt. Insbesondere muss gewährleistet sein, dass die Stoffe nicht ins Grundwasser gelangen können.

2017-02-01 Stellungnahme Stadtrat Gustav Dinger zu BP Bestattungswald Stiegelschlag

 

 

Presse und Literatur:

DZ am 22.11.2016 Donauwörths erster Waldfriedhof

wikipedia – Bestattungswald

ekd.de – Herausforderungen evangelische Bestattungskultur (2004)

katholisch.de – Das sind die Regeln zur Feuerbestattung (2016)