Vor 300 Jahren, im Jahre 1719, musste der (von der kurfürstlichen Regierung bestellte) Stadtzahlmeister in der Stadt Donauwörth, Johann Matthias Zaubzer, aufgrund von Misswirtschaft sein Amt abgeben.

Ein Beispiel seines Wirkens ist beschrieben in einem Artikel von Johannes Traber[1] (*1859; †1927) im Donauwörther Anzeiger vom 16. Januar 1924. Der Beitrag wurde ergänzt durch einige wenige nützliche Verknüpfungen:

 

Die Veranstaltungen der Stadt Donauwörth bei der Durchreise des Kurprinzen Karl Albrecht und seines Bruders, des Prinzen Ferdinand, im Jahre 1718.

Nach der Stadtrechnung von 1718 bearbeitet von Stadtarchivar J. Traber.

                Anfangs Mai des Jahres 1718 hatte man in Donauwörth Kunde erhalten, daß der Kurprinz Karl Albrecht [2] und sein Bruder Prinz Ferdinand, Söhne des Kurfürsten Max Emmanuel von Bayern, auf einer Durchreise unsere Stadt berühren würden. Der Rat der Stadt traf nun sogleich, und zwar hauptsächlich auf Betreiben des kurfürstlichen Hofkammerrats, Salzbeamten und Stadtzahlmeisters Johann Matthias Zaubzer, umfangreiche Vorkehrungen, um die beiden jungen Prinzen möglichst festlich zu empfangen und zu bewirten. Es war ja die Zeit des fürstlichen Absolutismus, in der die Untertanen zumeist sich nicht genug tun konnten in Unterwürfigkeitsbezeigungen und übertriebenen Höflichkeitsformen.

                Am 7. Mai wurde zunächst der Salzamtsbote Hans Georg Ehrentreich nach dem kurfürstlichen Schlosse Lichtenberg [3] geschickt, wo er in Erfahrung bringen sollte, wann die Fürstlichkeiten in Donauwörth eintreffen würden, auf „das man alle ersinnliche Aufwarth- und schuldtunterthenigste Bedienung machen könne“. Als Rittgeld und für Zehrung erhielt der Bote 5 Gulden. Eine Woche später schickte man ihn nochmals „umb gewisse Erkundtigung“ nach Landsberg und Augsburg, wobei er diesmal für Rittgeld und Zehrung 9 Gulden 30 Kreuzer aufrechnete.
In der Stadt begann ein reges Leben. Maurer und Maler wurden beschäftigt, um alles entsprechend zu verschönern. Der Bürstenbinder Martin Sithler hatte dem Stadtmaurermeister 6 große „Weißpemsl“ und einen kleinen zu liefern. Der Maler Jost Adam Herschy erhielt für „Mahlung der Latern“ und verschiedene andere Arbeiten 17 Gulden 37 Kr. Sein Kollege Franz Mayr bekam für ähnliche Arbeiten 21 Gulden 47 Kr. Das waren für jene Zeit schon ansehnliche Beträge. Herschy erhielt weiters für das Malen des „Pordre“ (Porträts) des Kurprinzen 1 Gulden 10 Kr. Und der Maler Franz Mayr für Ausbesserung „der S. Affra-Biltnus aufm obern Röhr-Casten“[4] 5 Gulden 10 Kr. Die Buchbinderswitwe Michael Vogler hatte Papier-Laternen zu fertigen, wofür ihr 4 Gulden 55 Kr. bezahlt wurden.

                Neben der bürgerlichen Mannschaft, die bei der Durchreise der beiden Prinzen unter dem „Gewöhr“ stehen mußte, wurde zur Parade eine eigene Kompagnie zu Pferd aufgestellt, für die man die Karabiner-Riemen und Patrontaschen von der damals in Rain liegenden Kompagnie des Graf Törring’schen Kürassier-Regiments entlieh. Man gab der letztern dafür als „Recompens“ (Entschädigung) 3 Gulden. Die Abfeuerung des städtischen Geschützes erforderte 80 ½ Pfund Pulver, die 67 Gulden 51 Kr. kosteten. Zur Beleuchtung der Stadt wurden beim Seiler Augustin Kögele 300 Fackeln á 9 Kreuzer und 325 Pechkränze á 3 Kreuzer bestellt, so daß die hierfür ausgestellte Rechnung sich auf 55 Gulden 50 Kr. belief. Ferner lieferte der Lebzelter Franz Pacher in die Wohnung des Stadtzahlmeisters[5], bei dem die Prinzen logierten, 38 Flambeaus oder Fackeln. Sie kosteten 55 Gulden. Bei dem militärischen Aufzug aus Anwesenheit der beiden Prinzen wurde natürlich auch die „Stadt-Drumbl“ (Trommel) benötigt, die mit einem neuen Kalbfell bezogen wurde, das der Weißgerber Georg Krezler um einen Gulden abzugeben hatte. Zur „underthenigsten Bedienung“ der durchlauchtigsten Herren bestellte man von Rain Hautboisten, die wahrscheinlich dem erwähnten Kürassier-Regiment angehörten und vermutlich die Tafelmusik zu besorgen hatten. Für deren Zehrung wurden 7 Gulden 36 Kr. verausgabt und die Stadt verehrte ihnen noch überdies 8 Gulden.

                 Den meisten Aufwand erforderte aber die Bewirtung der hohen Gäste und der Ankauf von Geschenken für dieselben. An Speisen und Getränken wurden beigeschafft
                von dem Drei-Mohrenwirt Andere Wahl in Augsburg „Burgunder- und Champanier-Wein, item Saurprun, Citronen, Pomeranzen, Oepfl, Spargl, Würst und anderes“ für 113 Gulden 54 Kr.

                Weiters wurden an denselben wieder für „Burgunder-,  Champanier-, Frontiniac- und Muscatwein“, sowie für andere „Victualien“ bezahlt 74 Gulden 41 Kr.

                Sodann bezog der Stadtzahlmeister Zaubzer von dem Weinhändler Adam Reiner in Ellwangen 3 ¾ Eimer 8 Maß roten Neckarwein, den Eimer zu 17 Gulden weshalb die Stadt dafür im ganzen 61 Gulden 37 Kr. 8 Heller zu bezahlen hatte. Das genügte Zaubzer jedoch nicht und er beschaffte daher noch auf Rechnung der Stadt 1 Eimer 42 Maß Rhein- und 2 Eimer 18 Maß Wertheimer-Wein zu 107 Gulden 24 Kr., 1 Eimer 8 Maß Neckarwein zu 20 Gulden 15 Kr. und 2 Eimer 8 Maß Burgunderwein zu 105 Gulden.

                Der Kurprinz hatte zwar „viel Inclination“ (Neigung) für Wein und auch für Weiber, wie sein Onkel, der Kurfürst und Erzbischof Joseph Klemens von Köln, bitter klagte, aber das von dem Stadtzahlmeister Zaubzer für den kurzen Aufenthalt der beiden Prinzen beschaffte Quantum war jedenfalls viel zu reichlich bemessen.

                Für die Ausspeisung der beiden Prinzen berechnete der Stadtzahlmeister noch extra 186 Gulden 30 Kr. Für „waxene Tafel Lichter“, die hierbei benötigt wurden, erhielt der Krämer Balthasar Cordon 13 Gulden 24 Kr. und für die Kerzen, die in dieser Nacht noch verbraucht wurden, setzte dieser 12 Gulden 10 Kr. an.

                Noch größere Ausgaben als die Bewirtung erforderten die Geschenke, die die Stadt den beiden Prinzen machte. Der Stadtzahlmeister hatte nämlich bei dem Juwelier Wilhelm Michael Rauner in Augsburg Silberwaren im Betrage von 1732 Gulden 32 Kr. gekauft. Zaubzer brachte zudem von dem Kleinuhrmacher Anton Schön ein Uhrwerk mit, das er jedoch wieder zurückgeben mußte. Der Uhrmacher forderte als Entschädigung der ihm hiebei erwachsenen Unkosten 29 Gulden 10 Kr., die ebenfalls die Stadt ersetzen mußte. Dem Fuhrmann, der das Silbergeschirr hierher brachte, wurde für die Zehrung bei dem Glockenwirt Sebastian Morasch 1 Gulden 30 Kr. gegeben und der Salzamtsbote Joh. Georg Ehrentreich, der das Silbergeschirr nach München zu führen hatte, erhielt als Fuhrlohn 6 Gulden. Derselbe hatte auch ein Fäßchen Wein, das man dem Kammerdiener des Kurprinzen, Herrn Dulac, verehrte, nach München mitzunehmen, wofür der Fuhrlohn 3 Gulden 44 kr. betrug. Dabei mußten in Rain als Aufschlag und für eine Maß Auffüllwein 1 Gulden 4 Kr. bezahlt werden.

                Wie schlecht die Wege damals waren, ist daraus zu entnehmen, daß die Kutsche des Kurprinzen neu angestrichen werden mußte, wofür der Maler Franz Mayr 56 Kreuzer erhielt. Der Stadtschmied  Leonhard Strehle aber hatte die zerbrochene Kutsche Sr. Exzellenz des kurfürstlichen Generals, Grafen von Rechberg, der wie es scheint, der Begleiter der Prinzen war, zu reparieren, was die Stadt 2 Gulden 40 Kr. kostete.

                An sonstigen Ausgaben waren der Stadt bei dem Prinzen-Besuche noch erwachsen:

„Josephen Harschen, Burger und Schreiner, et consorten, umb willen sye beeden Durchlauchtigsten Prinzen mit dem grossen Geschüz underthenig aufgewarthet, lautn Zettels zur Zöhrung angeschafft worden 2 fl 30 Kr.“

                „Nitweniger ist Andreen Werner auf die hoche Durchraiß unser beeden durchl. Prinzen für die im Gewöhr gestandene Mannschaft vor consummiertes Bier und Brodt angeschafftermassen lauth Zetls bezahlt worden 27 fl 24 Kr.“

„Laut … Scheins ist Sebastian Morasch vor die neu aufgerichte Compagnie zu Pferdt, welche bey Dero Durchreis beeder Durchl. Prinzen in paradi gestandten, angeschafftermassen zur Zöhrung geraicht und bezahlt worden 16 fl“.

                Zu diesen Ausgabeposten kamen noch einige kleinere Beträge für Rittgeld, Zehrungen usw. Zaubzer selbst hatte anläßlich seiner Einkäufe in Augsburg mit seinen Leuten bei den „Drei Mohren“ eine Zeche im Betrage von 23 Gulden 29 Kr. gemacht. Die Gesamtausgaben der Stadt bei dem kurzen Aufenthalt der beiden Prinzen betrugen im ganzen rund 2800 Gulden[6], eine für die damalige Zeit enorme Summe für einen solchen Zweck, wenn man bedenkt, daß der gesamte übrige Ausgaben-Etat der Stadt im Jahr 1718 sich auf 15948 Gulden 55 Kr. belief. Dabei war die finanzielle Lage der Stadt sehr schlecht. Die Ausstände an Steuern und Abgaben, die teilweise auf Jahre zurückgingen, betrugen allein 7721 Gulden 31 Kr. Ein großer Teil der Bürgerschaft war eben infolge der schweren Lasten, die der spanische Erbfolgekrieg, namentlich in den Jahren 1703-1705 mit sich gebracht hatte, verarmt. Sodann kam der Stadt die Reichsfreiheit, die sie in den Jahren 1705-1715 noch einmal genossen hatte, teuer zu stehen. Sie vermochte schließlich nicht einmal die fälligen Zinsen zu den von ihr aufgenommenen Kapitalien aufzubringen. An eine Verminderung der Schulden war gar nicht zu denken. Die rückständigen Zinsen erreichten im Jahre 1718 den Betrag von 2505 Gulden 58 Kreuzer 6 Heller. Nur 219 Gulden hatte die Stadt in diesem Jahre an Zinsen zu leisten vermocht. Ihre übrigen Gläubiger gingen leer aus. Unter solchen Umständen waren die kostspieligen Veranstaltungen bei der Durchreise der beiden Prinzen nicht zu verantworten. Der eigentlich Schuldige war hierbei der von der kurfürstlichen Regierung aufgestellte Stadtzahlmeister Zaubzer, über dessen Mißwirtschaft während seiner vierjährigen Amtsführung bald zahlreiche Klagen in München einliefen, so daß er 1719 sein Amt niederlegen mußte.

 

[1] Der in Fimmelsburg, Kanton Thurgau, Schweiz, geborene Johann Traber war ab 1877 in Donauwörth ansässig. Als Bibliothekar des Cassianeums und Stadtarchivar erwarb er sich umfassende Kenntnisse zur Stadtgeschichte. Johann Traber war Ehrenbürger der Stadt Donauwörth.

[2] Von 1726 bis 1745 Kurfürst von Bayern und von 1742 bis 1745 zugleich als Karl VII. deutscher Kaiser.

[3]Dasselbe lag gegenüber von Kloster Lechfeld über dem rechten Ufer des Lech.

[4] Brunnen in der obern Reichsstraße

[5] Jetzt Haus-Nummer 244, im Besitz des Herrn Apotheker Haberl.

[6] Als Vergleich sein angeführt, daß im gleichen Jahr die St. Leonhardskirche neu erbaut wurde. Der Bau kostete 1800 Gulden

 

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Quellen:

  • König, Josef Walter: Kreuz und quer durch Donauwörth. Ein kulturgeschichtlicher Beitrag zur Deutung der Straßennamen. Historischer Verein Donauwörth (Hg.), 1972
  • Stadtarchiv Donauwörth: Magazin III, Zeitungsbestand 1924
  • www.watch-wiki.org
  • www.wikipedia.de