veröffentlicht am 01.06.1920 im Donauwörther Anzeiger:

 

Bekanntmachungen des Stadtrats Donauwörth.

Denkmalspflege,
Schutz- der Orts- und Landschaftsbilder.

Der Stadtrat Donauwörth erläßt gemäß Art. 4, Abs. II, 22 b Abs. II und 151, Abs. III des PStGB. nachstehende

ortspolizeiliche Vorschriften:

§1.

Um die alten Straßenbilder und den einheitlichen Charakter der Straßen zu erhalten, ist bei allen Um- und Neubauten dem Stile, Charakter und der Gestaltung dieser Bauwerke Rechnung zu tragen.
Hieher gehören auch die Bauten in der Umgebung alter Befestigungswerke, Stadtmauern, Stadtgräben usw.

§2.

Es unterliegen fortan alle Veränderungen am Aeußeren der Gebäude von historischer, architektonischer oder monumentaler Bedeutung sowie an Gebäuden und deren Umgebung und in der Umgebung alter Befestigungswerke etc. der baupolizeilichen Genehmigung und müssen derartige Veränderungen vor ihrer Vornahme dem Stadtrat zur Anzeige gebracht werden.

§3.

Stadtrat behält sich vor, darüber zu entscheiden, ob ein Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen als zu den Monumantalbauten von historischer oder architektonischer Bedeutung gehören, oder als in deren Umgebung gelegen zu betrachten sei.
Stadtrat behält sich weitere Bestimmungen vor, in welcher Weise gegenwärtigen Bestimmungen zu genügen ist und behält sich weiter vor, Gutachten von Spezialsachverständigen einzuholen.

§4.

Es kann daher im Bereiche der alten Stadtumwehrung in Zukunft verboten werden:
Die Herstellung von Backsteinrohbauten oder von Bauten aus gemischtem Mauerwerk von greller Farbmischung, die Errichtung flacher Dächer, sowie das Eindecken derselben mit Blech, Dachpappen, weißen Dachplatten, Zementplatten, Schiefer etc.. Auch die Errichtung von Mansardendächern ist unter Umständen zu verbieten. Dagegen ist dahin zu wirken, daß bei Neubauten und Reparaturen durchwegs äußerer Verputz in schlichter Färbung zur Anwendung kommt und daß hiebei Bachsteine und Quaderimitationen unterbleiben. Für die Formengebung  des äußeren Verputzes kann hinsichtlich der Genehmigung die Vorlage eines Planes in größerem Maßstabe verlangt werden, um an der Hand desselben die Gesimsniederungen prüfen und mit der Umgebung in Einklang bringen zu können.
Das Gleiche gilt bezüglich des Herunterputzens der hier in Frage kommenden bestenden Gebäude.
Bei Ersatzneubauten ist tunlichst darauf zu achten, daß die Giebelseite wieder gegen die Straße gekehrt wird. Auch ist die Wiederherstellung  der früheren Dachform und Architektur geboten.
Alle grellen Bemalungen der Gebäude mit Zierformenbereicherungen sind in Zukunft zu unterlassen.
Schöne, alte Eingangstüren, geschmiedete Gitter, Erinnerungstafeln, Reliefdarstzellungen etc. dürfen nur nach erteilter Genehmigung entfernt werden und sind solche bei Umbauten und Neubauten gegebenenfalls wieder zu verwenden.

§5.

Bei Herstellung baulicher Anlagen jeder Art ist, soweit ohne Beeinträchtigung des Zweckes möglich, auch darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Aussicht von öffentlichen Plätzen, Straßen und Wegen aus nicht unnötig verbaut wird.

§6.

An öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, oder wo die Baulinie in Frage kommt ist die Errichtung von Zäunen jeglicher Art nur mit besonderer Genehmigung des Stadtrates gestattet, die Errichtung geschlossener Betterzäune überhaupt verboten. Einfriedungen aus Mauerwerk und geschlossenen Hecken sind nur mit Durchblick gestattenden Oeffnungen von entsprechender Zahl und Größe und Form zuzulassen. Auch bei bestehenden Einfriedungen kann, soweit es nach dem Ermessen der Baupolizeibehörde zur Erhaltung der Aussicht oder der landschaftlichen Schönheit eines öffentlichen Weges erforderlich ist, die Vornahme entsprechender Aenderungen oder auch die Wiederentfernung binnen einer von der Baupolizeibehörde festzusetzenden angemessenen Frist gefordert werden.
Die Einfriedungen unterliegen der baupolizeilichen Genehmigung. Um diese Genehmigung ist beim Stadtrate unter Vorlage der Plänen nachzusuchen. Die Genehmigung ist stets widerruflich und kann an besondere Bedingungen geknüpft werden. Die Einholung von Gutachten von Spezialsachverständigen bleibt vorbehalten.

§7.

Befindet sich ein Gebäude oder eine Einfriedung in schlechtem, daß Straßen- und Landschaftsbild verunzierenden Zustande, so hat auf Anordnung der Baupolizeibehörde binnen angemessener Frist eine entsprechende Instandsetzung stattzufinden.

§8.

Die Anbringung von Ständern, Schildern, Schaukästen, Firmentafeln, Abbildungen, Beleuchtungsvorrichtungen, Aufschriften und sonstigen Gegenständen zu Reklamezwecken darf nur mit der Genehmigung der Polizeibehörde erfolgen. In gleicher Weise verhält sich bei Aufstellen von Tafeln und Gegenständen, welche geeignet sind, das Landschaftsbild irgendwo zu stören oder zu beeinträchtigen. In allen diesen Fällen ist die Genehmigung zu versagen. Um die Genehmigung ist beim Stadtrate unter Vorlage von Plänen nachzusuchen. Die Genehmigung ist stets widerruflich und kann anbestimmte Bedingungen geknüpft werden. Die Einholung von Gutachten von Spezialsachverständigen bleibt vorbehalten.

§9.

Gegenstände oder Errichtungen der vorerwähnten Art müssen vom Besitzer oder Errichter binnen der von der Polizeibehörde gesetzten Frist beseitigt oder abgeändert wrden, wenn oder insoweit durch ihre Anbringung das Orts- oder Landschaftsbild verunstaltet wird.

§10.

In Ausnahmefällen, in denen die Durchführung gegenwärtiger Vorschriften als eine besondere Härte empfunden werden müßte, bleibt es dem Stadtrat unbenommen, Umgangnahme von Einhaltung dieser Vorschriften zu gestatten.

§11.

Zuwiderhandlungen gegen die durch vorstehende ortspolizeiliche Vorschrift geschaffenen baupolizeilichen Vorschriften ziehen gemäß Art. 151. Abs. III Pol.-St.-G.B. Geldstrafen bis zu 150 Mk oder Haft nach sich.

§12.

Vorstehende ortspolizeiliche Vorschriften wurden in der Stadtratssitzung vom 20. Januar 1920 einstimmig genehmigt. Gleichzeitig treten diese Vorschriften mit dem Tage der Veröffentlichung in Kraft. Diese Vorschriften vom 3. Mai 1904 Denkmalspflege betr. und vom 3. Juni 1913 Schutz der Orts- und Landschaftsbilder gegen verunstaltende Reklame treten damit außer Wirksamkeit.

Donauwörth, den 28. Mai 1920.